2. Etappe von der Havel, Himmelpfort am Stolpsee bis nach  Scharfe Lanke 

 

1.Tag, 07. September 2014  Himmelpfort bis Zarenschleuse - 19 km

Wir kommen mittags in Himmelpfort an und übernehmen unser Kanu am Campingplatz in Himmelpfort. Dieses Jahr mieten wir ein Old Town Discovery. Dieses Kanu hat eine Rückenlehne an jedem Sitz, ein wichtiges Entscheidungskriterium für Mark. Da dieses Kanu etwas kleiner ist als das Lethmann von unserer Frühsommertour, müssen wir beim Beladen sorgfältiger vorgehen. Nur die drei Kisten Bier, die uns der Vermieter unbedingt mitgeben will, passen nicht mehr ins Boot. Wir geben uns auch mit einem Six-Pack Radeberger zufrieden. Um 12:00 Uhr sind wir so weit. Ein letzter Kuss für die beste aller Ehefrauen und wir verlassen Himmelpfort.

 

 

Bootshaus-Bandelow
Fred Bandelow
Bredereiche, Dorfstraße 8
16798 Fürstenberg/Havel

Telefon: (033087) 52 310
info@bootshaus-bandelow.de

 

An das neue Kanu müssen wir uns erst gewöhnen. Der Geradeauslauf ist nicht so gut. Vor allem ohne Vortrieb macht es, was es will. Das fordert mehr Aufmerksamkeit und ist beim Fotografieren mehr als lästig. Es dauert eine Weile, aber ab Bredereiche haben wir das Boot im Griff. Im "Bootshaus" vor der Schleuse haben wir noch gut gegessen, das Lokal ist wirklich sehr zu empfehlen.

Nach dem Essen schleusen wir mit der Selbstbedienungsschleuse Bredereiche flussabwärts. Bei idealem Wetter, Sonnenschein, keinem Wind und idealer Temperatur haben wir den Fluss ganz für uns allein. Nach der Ragower Schleuse passieren wir einen Biwak-Platz. Der ist eigentlich für heute unser Ziel, aber es ist uns noch zu früh zum Haltmachen. Leider vergessen wir dabei, dass an der nächsten Schleuse, der Zarenschleuse, kein Biwak-Platz vorhanden ist. Zuerst versuchen wir, an der linken Uferseite einen Platz zu finden. Einmal legen wir auch an, aber das ganze Gelände ist morastig und von dichtem Gestrüpp bewachsen. Hier mündet die Gallenbeek in die Havel. Wir paddeln ca. 200 m retour und gehen an der rechten Uferseite an Land. Dabei müssen wir eine 1,6 m hohe Uferböschung überwinden. Wir werden aber mit einem tollen Platz über der Havel belohnt. Unter einer Eiche bauen wir unser Zelt auf und genießen die Ruhe und den Blick über den Fluss.  Plötzlich knattert ein Suzuki heran. Ich überlege mir schon eine Ausrede für den Jäger. Ganz in der Nähe befindet sich militärisches Sperrgebiet, ein ehemaliger Truppenübungsplatz. Steigt ein Bär von einem Mann aus dem Wagen, gekleidet in Tarnanzughose und mit einem Riesenmesser am Gürtel. "Stört es euch, wenn wir hier angeln gehen?", fragt er uns mit einer Stimme, die eher zu einem Schüler und nicht zu einem zwei Meter großen Mann passen. Wir kommen ins Gespräch. Er bezeichnet sich selber als Profisportfischer. Die Bilder auf seinem Smartphone mit seiner Frau als Größenvergleich zeigen riesige Welse und Hechte. Soll man da wirklich in der Havel baden gehen? Nackt besser nicht.

 
2. Tag, 08. September 2014 Zarenschleuse bis Zehdenick - 20 km

Wir haben die Nacht auf unserem Hügel über der Havel gut verbracht. Der Tag beginnt sonnig mit leichten Dunstschwaden, und wir genießen bei einem Kaffee die Stille über dem Fluss. Reichlich Ham and Eggs gibt uns die nötige Power für die nächste Tagesetappe. Wir wollen heute bis zum Biwakplatz - Waller Point - in Zehdenick. Die diesjährige Tour unterscheidet sich doch von denen in den Jahren davor. Sind wir vom Käbelicksee bis zum Stolpsee vor allem auf großen und kleinen Seen mit kurzen Kanalstrecken unterwegs gewesen, so behält die Havel hier bis Berlin ihren Fluss/Kanal-Charakter. Bis auf den Lehnitzsee bei Oranienburg durchqueren wir keinen weiteren See. Bis nach Liebenwalde ist die Havel ein Revier der Sport- und Freizeitkapitäne. Erst auf der Oder-Havel-Wasserstraße erwartet uns die Berufsschifffahrt.

Am Abend habe ich noch unsere Flaggen am Boot befestigt.


Schwarz-Rot-Gold für Deutschland als unser Gastland und mein Heimatland. 

Die britische Flagge für Marks Heimatland.


Die Österreichische Flagge für unser Wohnsitzland. 

Leider habe ich die deutsche Flagge verkehrtherum befestigt, was noch zu Verdruss führen wird.


Entlang von Wäldern und Sumpflandschaften folgen wir der Havel flussabwärts. Obwohl heute Montag ist, haben wir mehr Bootsverkehr als am Sonntag. Wir passieren Schleuse Schorfheide, auch eine Selbstbedienungsschleuse. Die Gebäude am Betriebsgelände der Schleuse machen einen verlassenen und sehr desolaten Eindruck. Ein paar Kilometer weiter erreichen wir die Einmündung der Templiner Wasserstraße. Von hier kommt man in die Templiner Seen-Landschaft, die alleine schon eine mehrtägige Tour wert ist. Dann haben wir unser Aha-Erlebnis mit unserer Beflaggung.  Wir werden von einem entgegenkommenden Boot wüst beschimpft. "Wo kommt ihr her! Das geht ja gar nicht. Seid's aus Bayern, ihr Idioten! Schwarz gehört nach oben. Knalltüten!" Echter Norddeutscher Dialekt. Ist auf die Bayern wohl nicht gut zu sprechen. Das nächste Boot beschimpft uns genauso. Diesmal Berliner Schnauze. Die hätte uns am liebsten gleich versenkt. Also machen wir auf einer Waldlichtung Pause, und ich setze die Flaggen richtigherum.


Gasthaus zur Fähre

Havelstraße 50,16792 Zehdenick,Deutschland
gasthaus-zur-faehre-burgwall.de
+49 33080 60244

Wir erreichen Burgwall, einen Ortsteil von Zehdenick. Im Gasthaus "Zur Fähre" stillen wir bei einem kühlen Bier erstmal unseren Durst und unseren Hunger. Im vorigen Jahr habe ich mit Silvia und Familie Freitag hier schon mal übernachtet und einige Anekdoten erlebt.

Nach dem Essen geht es weiter. Wir besichtigen die Marina Mildenberg am Ziegeleipark, die ich mir im letzten Jahr auf unserer Radtour nach Lübeck bereits angesehen habe.

Mit seinen riesigen Spundwänden, die für Lastkähne ausgelegt sind, macht die Marina aber keinen sehr einladenden Eindruck. Von den aufgelassenen Tonstichen rechts und links der Havel ist nicht viel zu erkennen. Vorbei an langsam verfallenden Industrie- und Kaianlagen erreichen wir den Abzweig zum Zimmermannsstich. Hier liegt das Ziel unseres heutigen Tages, die Kanustation Waller Point.
Sehr freundlich empfangen werden wir nicht. Schon von weitem wird uns zugerufen: "Wir haben geschlossen!" Auf unsere Frage, ob wir hier zelten dürfen, kommt ein klares Nein. Das war eindeutig. Hoch lebe die Brandenburgische Gastfreundschaft. Bis zur Marina Zehdenick sind es noch drei Kilometer. Also noch einmal in die Hände gespuckt und eine dreiviertel Stunde bis zum neuen Ziel gepaddelt. Um 17.00 Uhr erreichen wir die Marina, bauen unser Zelt auf und gehen in die Stadt einkaufen. Da es im Zentrum keinen Supermarkt gibt, besuchen wir all die kleinen Geschäfte, Bäcker, Fleischer und den Getränkemarkt und decken alle unsere Bedürfnisse, richtig angenehm. Da ich meinen Gürtel zu Hause vergessen habe und aufgrund unserer sportlichen Aktivitäten meine Hose keinen Halt mehr auf dem Ar… hat, kaufe ich in einer Boutique einen neuen Gürtel. Da ich aber mehr Augen für die fesche Verkäuferin habe, wird der Gürtel ziemlich teuer. In der Marina haben wir noch eine lustige Begegnung. Neben uns steht ein Wohnmobil mit einem Vorarlberger Ehepaar. Sie freuen sich, Landsleute zu treffen, wie sie anhand der österreichischen Flagge erkennen zu glauben. Als Mark ihnen erklärt, dass ich aus der Berliner Gegend komme und in Österreich lebe, meinen sie in voller Überzeugung, dass Mark mit seinem Dialekt aber ein waschechter Wiener sei. Nach seiner Klarstellung, dass er Engländer sei, entgleisen der Dame alle Gesichtszüge. Wir unterhalten uns noch eine Weile freundlich.

 

3. Tag, 09. September 2014 Zehdenick bis Liebenwalde - 19 km

Über den heutigen Tag gibt es nicht viel zu berichten. Die Havel, oder besser der Vosskanal, fließt fast genau in südliche Richtung ohne viele Bögen und Schlingen. Die ursprüngliche Havel verlässt hinter Zehdenick an einer mächtigen Wehr den Vosskanal. Sie ist aus Naturschutzgründen für den Bootsverkehr gesperrt. Das meiste Wasser dieses Gebietes fließt durch den im 17. Jahrhundert erbauten Vosskanal und fehlt damit der Havel. Ihrem Namen "schnelle Havel" wird der Fluss hier nicht gerecht. Kurz vor Liebenwalde passieren wir noch die Schleuse Bischofswerder.

Die Marina Liebenwalde liegt an der Einmündung des im 15. Jahrhundert erbauten Finowkanals, der die Oder mit der Havel verbindet und heute nur von Sportbooten befahren werden kann. Der Kanal wurde im 30-jährigen Krieg zerstört und von Friedrich dem Großen wieder erbaut. Bevor wir unser Zelt aufstellen, stärken wir uns erstmals mit Lübzer Bier und Fischsemmeln am Imbissstand. Laut Aussage des Hafenmeisters genießen wir die besten Semmeln in Liebenwalde. Da auch viele Einheimische den Imbissstand besuchen, wird das wohl stimmen. Wir gehen noch in die Stadt einkaufen und sind fasziniert, weil wir frische Eier und Bier im Blumenladen bekommen.

Marina Liebenwalde
Berliner Str. 45,16559 Liebenwalde, Deutschland
marina-liebenwalde.de
+49 33054 39030

 
4.Tag: 10. September 2014 Liebenwalde bis Oranienburg - 19 km

Der Morgen erwartet uns mit trübem Wetter. Bei Nieselregen bauen wir unser Lager ab und bereiten uns auf eine lange Kanaltour vor. Vom "Langen Trödel" geht es zur Liebenwalde-Schleuse, hinter der wir dann die Oder-Havel-Wasserstraße erreichen. Hier treffen wir auf die riesigen Schubverbände, die Schrott und Kohle für Berlin und das Stahlwerk Hennigsdorf transportieren. Auf dem Kanal kommen wir uns winzig klein vor. Bei Kilometer 39 machen wir am Ufer Rast. Ich baue das Stativ mit der Kamera auf, um mit der Fernbedienung ein paar Fotos von uns in Aktion zu machen. Wir rudern zurück, um uns dann im vollen Einsatz zu fotografieren. Leider habe ich vergessen, die Kamera einzuschalten. Also nochmal von vorne. Nur der Schubverband als Hintergrund spielt nicht mit und fährt einfach weiter.

Auf Höhe des Ortes Bernöwen gehen wir noch einmal an Land. Hier kommt die Schnelle Havel dem Kanal sehr nahe. Ich möchte mir die ursprüngliche Havel aus der Nähe ansehen. Der Marsch durch die feuchten Wiesen ist anstrengend, von der Havel bin ich enttäuscht. Hier fließt nur ein gemächlicher, verschlammter Bach. Mit unserem Boot hätten wir keine Chance. Vom Land Brandenburg und von Naturschutzverbänden sind Re-Naturierungsmaßnahmen geplant, die die Fließgeschwindigkeit und die Wassermenge erhöhen sollen. In Friedrichsthal machen wir an der ehemaligen Fährstelle Rast. Bis 2009 verkehrte hier eine Fähre. Seit 2010 gibt es eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke. Berlin macht sich langsam bemerkbar. Überall entstehen neue Marinas "Immer schöner, immer besser", steht an jedem Werbeplakat. Bei Dieselpreisen von > 2 € kein Wunder. Wir passieren das KZ Sachsenhausen und nähern uns der Schleuse Lehnitz. Hier haben wir einen entscheidenden Vorteil gegenüber den großen Booten. Es gibt einen Bootswagen für Kanus. Nach 10 Minuten haben wir die Schleuse überwunden. Große Boote müssen bis zu vier Stunden warten, weil die Berufsschifffahrt Vorrang hat.

Wir erreichen den Lehnitzsee und das Wetter bessert sich zusehends. Die Sonne lugt zwischen den Wolken hervor und wärmt uns auf. Es wird Zeit, sich nach einem Biwak-Platz umzusehen. Zuerst versuchen wir es am Eiscafé Dietrich am östlichen Ufer des Sees. Dort können wir aber nicht zelten. Wir lassen unser Boot erstmal am Anlieger liegen und gehen zum Lidl einkaufen. Wer weiß, wann sich wieder eine Möglichkeit zum Einkaufen ergibt.

Am südlichen Ende des Lehnitzsees gibt zwar noch eine Marina, aber die macht einen sehr verschlossenen Eindruck. Als nächstes haben wir den Wassersportclub Möwe im Zentrum von Oranienburg als Ausweichmöglichkeit auf der Karte ausgemacht. Kurz bevor wir in die Havel in Richtung Stadtzentrum abbiegen, entdecken wir das Wassersportzentrum Oranienburg GbR. Wir werden freundlich empfangen und dürfen unser Zelt aufbauen. Bier und Kaffee gibt es auch gleich. Wir genießen die Abendsonne, und wie aus dem Nichts ziehen dunkle Wolken auf und ein heftiger Platzregen geht nieder. Der Regen ist so dicht, dass kaum die nur 20 m entfernten Bootshäuser zu erkennen sind. Mit dem Regen kühlt es auch stark ab, und wir müssen uns warm anziehen.

Wassersportzentrum Oranienburg GbR

Lehnitzstraße 101,16515 Oranienburg,Deutschland
wassersportzentrum-oranienburg.de
+49 3301 574567

 
5. Tag, 11. September 2014 Oranienburg- Hennigsdorf - 20 km
 

Der Morgen beginnt mit feucht-kaltem Wetter. Ein Mitarbeiter der kleinen Werft, die an das WSC angrenzt, spendiert uns heißen Kaffee. Wir packen unsere Sachen und verstauen sie im Kanu. Ich bezahle unsere Übernachtung und lege noch ein paar Euro für die Vereinskasse drauf. In der Werft wird gerade ein altes Drachenboot aufgearbeitet. Es ist ziemlich übel zugerichtet, und die Arbeiter wissen nicht, ob sie es noch einmal richtig flott bekommen. Trotzdem wird gespachtelt und geschliffen, was das Zeug hält.

Bis Hennigsdorf haben wir ausschließlich eine Kanalstrecke vor uns. Für mich ist es aber eine Erinnerungstour an meine Jugend. Vorbei an Borgsdorf und dem Stahlwerk Hennigsdorf kann ich Mark viele lustige Anekdoten aus meiner Jugend erzählen. Hinter der Autobahnbrücke der A10 bei Pinow machen wir an einer Insel, die durch einen Seitenarm gebildet wird, kurze Rast. Hier empfängt uns eine urwaldähnliche Natur. Laut Karte mündet der Seitenarm bald wieder in den Havelkanal. Nach ca. der Hälfte der Strecke führt eine kleine Backsteinbrücke über diesen Seitenarm. Leider ist die Durchfahrt mit einem starken Gitter versperrt. Wir müssen wieder zurückrudern. Zuerst ärgere ich mich darüber. Dann frage ich mich aber, ob diese Sperre für die Natur nicht die beste Lösung ist? Zurück auf dem Havelkanal überholt uns ein großer Schubverband. Ansonsten hat die Berufsschifffahrt heute Ruhetag. Wir sind fast allein auf dem Fluss. In Hohenschöpping machen wir am Gasthaus Weißer Schwan fest, ein beliebtes Ziel für Männerparties zu Himmelfahrt/Männertag, und endlich bekomme ich mein „Eisbein“. J

Vorbei am Elektrostahlwerk Hennigsdorf nähern wir uns unserem heutigen Ziel, dem RC Oberhavel Hennigsdorf. Auf dem Gelände treffen wir auf einen Trainer, der uns einweist. Am angenehmsten sind die großzügigen Duschen.


Gasthaus "Zum weißen Schwan"

Hohenschöpping 1,16727 Velten,Deutschland
gasthaus-zum-weissen-schwan.de
+49 3304 502483

Ruderclub Oberhavel Hennigsdorf e.V

Hafenstr. 32 - 34
16761 Hennigsdorf
www.ruderclub-oberhavel.de
Tel.: 03304 207167

Auch heute haben wir wieder eine Anekdote zu erzählen: Bereits am GH Weißer Schwan werden wir von einem Einerkajak mit einer jungen Frau und zwei Doppelkajaks mit jungen Mädchen überholt. In Hennigsdorf haben wir sie eingeholt, und wir kommen mit der jungen Frau ins Gespräch. Sie kommt aus Kärnten und studiert in Klagenfurt Pädagogik. In Berlin hat sie einen Ferienjob angenommen. Die jungen Mädchen aus betuchtem Hause sind von ihren Eltern auf "Erlebnisurlaub" geschickt worden. Innerhalb von drei Wochen sind sie bis zur Müritz und retour gepaddelt. Die Aufgabe der Begleiterin bestand darin, einen Unfall zu verhindern. Sie hatte keinen Einfluss auf Etappe, Zeit, Rastplatz usw. Dementsprechend genervt war sie. "Nie wieder" war ihre Aussage.

Den Abend verbringen wir am Zelt. Leider liegt der RC an der stark befahrenen Ruppiner Straße, viel Ruhe finden wir nicht.

 
6. Tag, 12. September 2014 Hennigsdorf - Berlin, Marina Lanke - 19 km
 
Mit Ausschlafen ist heute nichts zu machen. Auf der L17 geht um 05:00 Uhr der Frühverkehr los, und der Lärm der LKW lässt uns aus den Schlafsäcken fahren. Ein letztes Mal Ham and Eggs mit Instantkaffee. Die Ausrüstung im Boot verstaut, und wir starten zu unserer letzten Tagesetappe auf dieser Tour. Das Wetter begrüßt uns mit Wolken und starkem Wind. Im Laufe des Vormittags kommt noch Regen dazu. In Berlin nimmt die Havel wieder einen seeartigen Charakter an. Als erstes überqueren wir den Niederneuendorfer See. Der Wind kommt von vorne und lässt die Wellen schon wieder verdächtig hoch werden. Wir nutzen jede Möglichkeit, um in Ufernähe Schutz zu finden, haben aber nicht viel Erfolg dabei. Wir müssen alle unsere Kräfte mobilisieren, um vorwärts zu kommen. Aber nach fünf Tagen sind Mark und ich ein eingespieltes Team.
Hinter der Halbinsel Heiligensee finden wir in Ufernähe Schutz vor dem Wind. Linkehand begleiten uns jetzt die prunkvollen Villen von Heiligensee, der Konradshöhe und Tegel Ort. Mittags erreichen wir den Altstadthafen von Spandau. Wir legen an und gehen essen. Zielstrebig steuern wir den Katharinenhof im Uferpalais an. Nichtsahnend, was uns dort erwartet. Wir nehmen gleich den ersten Eingang und gelangen in einen noblen Speisesaal. Das Angebot, im Gastgarten Platz zu nehmen, lehnen wir dankend ab. Frischluft haben wir im Boot genug. Die nächste Aufregung entsteht, als ich meine Regenschutzhose ausziehe. "Ob ich das nicht in der Garderobe machen könnte"... Das zweite Hoppla haben wir, als wir gefragt werden, ob wir á la card essen oder das Menü der Hausgäste haben möchten. Frage: "Wo sind wir hier?" Die Antwort kommt punkt 12:00 Uhr in den Speisesaal. Die Tische füllen sich mit rollatorgestützten, gold- und brillantenbehangenen Pensionistinnen und Pensionisten.

Katharinenhof im Uferpalais

Brauereihof 19
13585
Berlin Deutschland

 
Anstatt im Hotel Restaurant sind wir in einer Residenz für betreutes Wohnen gelandet. In unserer eine Woche alten Rangerbekleidung werden wir neugierig begutachtet. Unsere Messer haben wir verschwinden lassen. Das Essen hat trotzdem sehr gut geschmeckt, und die Bewohner haben für die nächsten Tage Gesprächsstoff.
Vorbei an der Spandauer Zitadelle passieren wir noch die Spandauer Schleuse. Auch hier gibt es einen Bootswagen für unser Kanu. Nach der Schleuse erreichen wir die Einmündung der Spree in die Havel. Von dort ist es dann noch eine halbe Stunde bis zum Ziel unser Reise, der Marina Lanke in Wilhelmstadt. Der Wind und die Wellen wollen es auf dem letzten Stück noch einmal wissen. Wir müssen quer zum Wind fahren, und unser Boot schaukelt mächtig. Nach 112 km haben wir wohlbehalten unser Ziel erreicht. In der Marina ist nicht viel los, und es interessiert sich auch keiner für uns. Ich rufe meine Frau an, und sie holt uns mit dem Auto ab. Wir verladen die Ausrüstung ins Auto und das Boot auf das Autodach. Anschließend bringen wir das Boot zurück nach Himmelpfort. Damit endet unsere zweite Etappe. Nächstes Jahr geht es von Berlin nach Havelberg zur Mündung der Havel in die Elbe.